Ist ein Betriebskindergarten eine gute Idee?
Einen KiTa-Platz zu finden gestaltet sich in vielen Regionen schwierig. Je urbaner eine Familie lebt, desto begehrter und seltener werden freie Plätze in Wohnortnähe. Dafür ist man in ländlichen Regionen immer öfter gezwungen weite Strecken bzw. größere Umwege in Kauf zu nehmen, um einen der Plätze zu ergattern. Der Gedanke, sich direkt nach bestätigter Schwangerschaft um einen Betreuungsplatz zu kümmern, erscheint vielerorts als wenig abwegig. Durch veränderte Lebensbedingungen und den Wunsch vieler Eltern, ihre Kinder schon deutlich jünger betreuen zu lassen, als das vor einiger Zeit noch der Fall war, kommt der Ausbau der KiTa-Plätze nicht mehr hinterher. Eine Lösung dieser Herausforderung könnte die Betreuung der Kinder arbeitsplatznah in einem Betriebskindergarten sein. Zwar lohnt sich das erst ab einer gewissen Unternehmensgröße, dann jedoch gibt es viele Vorteile für das Unternehmen und die Mitarbeitenden. Gleichzeitig gibt es jedoch auch Nachteile für die Vereinbarkeit und die Kinder selbst, die auf den ersten Blick nicht offensichtlich sind. Eine Betrachtung von beiden Seiten.

Zeitersparnis, aber auf dem Rücken von Gleichberechtigung

Was auf der Hand liegt ist, dass ein Betriebskindergarten am Morgen einen Weg erspart. Denn dass Kind wird quasi „an der Pforte“ des eigenen Arbeitsplatzes abgegeben. Die Zeitersparnis kann, je nachdem wie die KiTa in Relation zum Arbeitsplatz liegt, erheblich sein. Das gleiche gilt am Abend natürlich noch einmal. Arbeit fertig, Kind(er) aufgesammelt und ab nach Hause. Was auf den ersten Blick nach Traumzustand für die Vereinbarkeit aussieht, hat jedoch einen Haken. Der Elternteil, bei dessen Arbeitsplatz die KiTa angesiedelt ist, hat von nun an die Verantwortung dafür. Immer! Es gibt nur noch in seltenen Fällen die Möglichkeit, Bringen und Abholen zwischen den Partnern aufzuteilen. Das kann zu Konflikten in der Partnerschaft führen und die Gleichberechtigung im Paar auf eine harte Probe stellen. Ist man wiederum alleinerziehend, kann eine BetriebsKiTa überhaupt erst ermöglichen, einem Job nachzugehen. Auch ist dem Homeoffice ein wichtiger Vorteil genommen, wenn trotzdem der Weg zum Arbeitsplatz notwendig ist.

Viele Vorteile als Unternehmen

Aus Sicht des Unternehmens gibt es einige Vorteile, nach einer hohen Anfangsinvestition, vor allem auch ökonomische. Die Betreuungszeiten der KiTa können an die Bedürfnisse des Unternehmens angepasst werden. Öffnungszeiten können verlängert werden. Besonders auch wenn Schichtarbeiter früh am Morgen Arbeitsbeginn oder später als üblich Feierabend haben, kann eine Betreuungsmöglichkeit einen großen Unterschied machen. Hierdurch stehen Mitarbeiter früher wieder zur Verfügung und müssen seltener zu einem bestimmten Zeitpunkt los, um die Kinder abzuholen. Ob das auch für den einzelnen Mitarbeiter zum Vorteil gereicht, ist wohl eine persönliche Ansichtssache. Familienfreundlichkeit ist ein großer Faktor bei der Auswahl des Arbeitgebers. Besonders Fachkräfte, an denen es bekanntermaßen mangelt, können Unternehmen damit ein Argument liefern, sich bei Ihnen zu bewerben, statt bei der Konkurrenz. Die Außenwirkung einer solchen Maßnahme kann die Reputation des Unternehmens stärken. Zugleich bindet es MitarbeiterInnen an sich. Durch die Knappheit der KiTa-Plätze allgemein, haben Mitarbeitende einen Grund mehr, im Unternehmen zu bleiben. Außerdem können Unternehmen den Betreuungsplatz gegen geringe Gebühr oder sogar kostenfrei für Ihre Mitarbeitenden zur Verfügung stellen. Auch das kann ein Anreiz sein.

Kindern fehlt die Vielfalt

Diese Bindung kann für die Mitarbeitenden jedoch auch zum Nachteil werden. Steht ein Jobwechsel an, muss auch das Kind die KiTa wechseln. Das wird zum einen oft aufgrund der nicht vorhandenen KiTa-Plätze ein Problem, aber auch für die Kinder selbst kann so ein Einschnitt sehr unangenehm sein. Sie verlieren Freunde und Bezugspersonen und müssen sich in einer fremden Umgebung neu zurechtfinden. Oft wollen Eltern das ihren Sprösslingen nur zumuten, wenn es gar nicht anders geht. Eine Lösung dafür kann sein, dass Betriebskindergärten auch externe Kinder aufnehmen oder zumindest Kinder von ehemaligen MitarbeiterInnen weiterhin die KiTa besuchen dürfen. Ein weiterer Nachteil für die Kinder selbst kann sein, dass sie nicht wohnortnah betreut werden. So fehlt der Kontakt mit Kindern aus der Umgebung, mit denen sie beispielsweise nach Ende der KiTa-Zeit gemeinsam eingeschult werden. Freunde wohnen sehr verstreut und Verabredungen zum Spielen werden erschwert. Zudem kommen die Kinder meist nur mit Kindern von anderen MitarbeiterInnen in Kontakt. So bleibt es aus, dass Kinder schon früh vielfältige Lebensrealitäten kennenlernen. In einer städtischen KiTa ist die Wahrscheinlichkeit für sehr unterschiedliche Hintergründe deutlich höher. Es wird klar, dass ein Betriebskindergarten grundsätzlich eine gute Idee ist und viele Vorteile für Unternehmen und Angestellte mit sich bringt. Eltern sollten jedoch auch die Nachteile bedenken und abwägen, welche Lösung für Sie die Beste ist. Aus Unternehmenssicht stehen nur die hohen Anfangskosten auf der Nachteilsseite. Sind die gestemmt, profitiert der Betrieb von vielen Vorteilen, die es seinen Mitarbeitenden bieten kann, auch in der Konkurrenz um Fachkräfte. Für Unternehmen, die für eine eigene KiTa zu klein sind, kann eine gemeinsame KiTa mit in der nahen Region ansässigen Firmen eine Lösung sein. Hierfür gibt es schon gute Beispiele, wo dieses Modell erfolgreich angewendet wurde.